St. Johannis-Kirche kann doch saniert werden
Neue Westfälische, 1. Juli 2023: Text und Fotos von Jörn Spreen-Ledebur
Rahden. Sie ist ein Wahrzeichen Rahdens – und sie ist Keimzelle des Ortes. Die St.-Johannis-Kirche ist der Mittelpunkt der evangelischen Kirchengemeinde. Die Sorgen um St. Johannis sind gewachsen, denn es gibt gravierende Schäden am Dach. Die Kirchengemeinde aber steht vor weiteren Herausforderungen und die Sanierung wird deutlich teurer als zunächst angenommen. Es drohte jetzt sogar der Verlust von Fördergeld. In den vergangenen Tagen jedoch hat sich eine Entwicklung ergeben, die Pfarrer Udo Schulte als Wunder bezeichnet. Die schon fast nicht mehr für möglich gehaltene Sanierung von St. Johannis könnte nun sogar noch dieses Jahr beginnen.
Warum ist St. Johannis so bedeutend für Rahden? Mit der Gründung der Kirche durch den Mindener Bischof Gerhard von Schaumburg im Jahr 1353 nahm die Entwicklung der Ortschaft Rahden Schwung auf, Rahden wurde als nun eigenständige Kirchengemeinde von Dielingen abgetrennt. Im Jahr 1789 erhielt das Gotteshaus sein heutiges, vom Klassizismus geprägtes Aussehen. Auch der Bau des Dachstuhls dürfte in jenes Jahr zurückreichen. Vielen Stürmen und auch Bränden hat die Kirche seitdem getrotzt, aber zwei Umstände haben dazu geführt, dass der Dachstuhl aus baulicher Sicht in die Knie zu gehen droht: Wasser und ein nicht sachgerechter Baustoff.
Warum das Holz verfaulte
Rückblende: Der langjährige Rahdener Pfarrer Körling Lansky hatte der Kirche 60.000 Euro für einen neuen Anstrich der Außenfassade vermacht. Udo Schulte: „Das haben wir als Auftrag genommen, wie man das umsetzen kann.“ Dabei habe sich herausgestellt, dass nicht die Fassade das Problem gewesen sei, sondern das Dach.
Das Holz der Dachkonstruktion sei zum Teil verfault gewesen, berichtet Udo Schulte. Das Holz habe in einer Isolierung gelagert, die dem Dach zugutekommen sollte. In dieser Isolierung aber wurde nach Angaben Schultes die Feuchtigkeit konserviert. Das Holz konnte nicht mehr abtrocknen, Teile verrotteten. Die Schäden hätten sich über Jahrzehnte entwickelt. Viele Holzteile müssten nun erneuert werden.
Welches Problem dann auftauchte
Der Dachstuhl sei eine sehr alte Konstruktion, merkt Schulte an und erinnert an die Untersuchungen von Diplom-Ingenieur Günter Rohrberg aus Lippstadt, einem Experten für die Sanierung von Kirchen. Die Dachpfannen sind deutlich jünger und wurden Anfang der 1930er Jahre bei der großen Kirchensanierung eingedeckt. Und hier gibt es nach Angaben Schultes das nächste Problem: Die Pfannen waren mit Mörtel verbunden. Der Mörtel aber bröckelte im Lauf der Zeit, es entwickelten sich undichte Stellen. Die wurden aber nicht mehr mit Mörtel ausgebessert, sondern mit Schaum. Aber Schaum und Mörtel vertragen sich nicht gut miteinander. Die Risse wurden größer. Schaum sei sicher der günstigere Baustoff, aber für das Dach nicht gut, sagt Udo Schulte.
„Das braucht viele Kräfte, das macht man nicht nebenher“
Resultat: „Das Dach ist nun in einem sanierungsbedürftigen Zustand.“ Aber erst, wenn das gemacht worden ist und das Dach dicht ist, kann an der Fassade und am Außenanstrich gearbeitet werden. Das aber wisse ja auch jeder Hausbesitzer, merkt Pfarrer Udo Schulte an. Beim Dachstuhl muss einiges an Holz ersetzt werden, die Dachziegel kommen komplett neu.
Schon 2017 und 2018 setzten sich die Vertreter der Gemeinde zusammen und erarbeiteten einen Kostenplan. Die Arbeiten an Dach und Außenhaut wurden mit 450.000 Euro veranschlagt. Auf Vermittlung des aus Rahden stammenden SPD-Bundestagsabgeordneten Achim Post seien rund 200.000 Euro Förderung aus Mitteln des Bundes für Denkmalschutz zugesichert worden. Die Finanzierung stand, blickt Schulte zurück. Klar war damals schon, dass die Dachsanierung nur im Herbst/Winter erfolgen kann, weil im Dachraum das Große Mausohr lebt. Das Baudenkmal St. Johannis ist deswegen auch FFH-Gebiet, ein Naturschutzgebiet.
"Ich habe schon fast nicht mehr daran geglaubt"
Dann aber brachen andere Dinge über die Kirchengemeinde Rahden herein. Die Corona-Krise veränderte das Gemeindeleben. Dann musste die Neubesetzung der Pfarrstelle im Ostbezirk neu geregelt werden und schließlich wurde angesichts der demografischen und finanziellen Entwicklung entschieden, sich von drei Gemeindehäusern zu trennen, weil die langfristig nicht mehr finanzierbar seien, so Schulte. St. Johannis sollte zentrale Predigtstätte bleiben.
Angesichts der vielen Herausforderungen konnte das Projekt „St. Johannis“ nicht mehr durchgezogen werden. Schulte: „Das braucht viele Kräfte, das macht man nicht nebenher.“ Das Thema kam wieder auf – nach der Stellenbesetzung und den Entscheidungen zur künftigen Struktur der Gemeinde. Das nächste Problem: Die Bundesmittel würden Ende dieses Jahres verfallen, wenn sie bis dahin nicht genutzt werden. Schulte räumt ein: „Ich habe schon fast nicht mehr daran geglaubt, dass wir die Kraft haben, es noch umsetzen zu können.“
Neue Beratungen brachten die Wende
In den vergangenen Wochen aber hätten sich die Verantwortlichen aus Kirchengemeinde, Kirchenkreis und auch Landeskirche mit dem Architekten noch einmal zusammengesetzt. Rohrberg habe eine neue Berechnung vorgelegt: 780.000 Euro soll es nun kosten. Allein auf das Gerüst entfallen 90.000 Euro. Bundesmittel, eigenes Geld, Geld von der Finanzgemeinschaft des Kirchenkreises und der Nachlass: „Dass wir die Finanzierung noch hinbekommen haben, das ist für mich etwas Besonderes“, freut sich Schulte. Das Finanzierungskonzept sei nun vom Kreissynodalvorstand als realistisch gebilligt worden. „Deshalb haben wir beschlossen, noch in diesem Jahr mit der Baumaßnahme zu beginnen.“
Die Gemeinde hofft nach Angaben Schultes auch auf Hilfe vor Ort. Bei der Turmsanierung habe man damit gute Erfahrungen gemacht. „Wir wissen um die Problematik: Manche Menschen sind enttäuscht, weil sie angestammte kirchliche Räume verlieren werden“, betont Schulte. Umso wichtiger sei es, dass St. Johannis erhalten bleibe. Es sei die Keimzelle der Gemeinde und es sei die Zukunft der Gemeinde. Deshalb werde man versuchen, auch die enttäuschten Gemeindeglieder davon zu überzeugen. „Es ist die Kirche für die ganze Gemeinde, nicht nur für Rahden-Mitte.“
Welcher Farbton verwendet wird
Die Arbeiten sollen wohl im Herbst beginnen. Trotz des Gerüstes ist die Kirche zugänglich, es finden Gottesdienste und das Kul-Tür-Konzert vor Weihnachten statt. Der neue Anstrich kommt dann zum Abschluss. Der werde sich aber nicht groß bemerkbar machen, weil die Kirche den alten Farbton wiederbekomme, sagt Schulte. „Man kann sie ja nicht blau oder grün streichen.“ Dass die Arbeiten nun doch gemacht werden können, gleicht für Schulte einem Wunder. „Das ist für mich ein Geschenk des Himmels.“