500 Jahre Gesangbuch
Das Jahr 1524 ist das Geburtsjahr des Gesangbuches. Das neu entdeckte Evangelium, dass Gott alle Menschen ohne ihren Verdienst allein aus Gnade liebt und annimmt, will nicht nur gepredigt werden, sondern auch gesungen - sowohl in deutschsprachigen Gottesdiensten als auch in privater Andacht.
Rückblickend schreibt Martin Luther in seiner letzten Vorrede zu einem Gesangbuch (1545): „Gott hat unser Herz und Mut fröhlich gemacht durch seinen lieben Sohn, welchen er für uns gegeben hat zur Erlösung von Sünde, Tod und Teufel. Wer solches mit Ernst glaubet, der kann‘s nicht lassen, er muss fröhlich und mit Lust davon singen und sagen, dass es andere auch hören und herkommen.“
Schon im Spätsommer 1524 erschienen in Erfurt zwei umfangreichere „Handbüchlein“ mit reformatorischen Liedern. Und im Spätherbst gab Martin Luther ein „Geistliches Gesangbüchlein“ heraus. Für dieses hatte der Torgauer Kantor Johan Walter (1496-1570) zu 43 Liedern vierstimmige Chorsätze komponiert. Luther, der dazu 24 Lieder beitragen konnte, schrieb in seiner ersten Gesangbuchvorrede: „Ich will alle Künste, besonders die Musik, gerne sehen im Dienste dessen, der sie gegeben und geschaffen hat.“ Und das gerade auch im Blick auf die „arme Jugend“, um sie „zu erziehen und zu lehren“.
Die technische Voraussetzung für die Verbreitung der Lieder hatte Johannes Gutenberg um 1450 geliefert durch seine Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern und der Druckerpresse. Um 1520 war der Notendruck mit beweglichen Typen erfunden worden.
Die ersten „Martinischen Lieder“ wurden als Einblattdrucke auf Flugblättern verbreitet. Zum Beispiel in Magdeburg. Ein Bericht aus dem Frühjahr 1524: „Zwischen Pfingsten und Ostern ist ein alter armer Mann, ein Tuchmacher bei (dem Denkmal des) Kaiser(s) Otto gestanden und hat allhier die ersten geistlichen Lieder feilgehabt, als ‚Aus tiefer Not schrei ich zu dir‘ und ‚Es wolle Gott uns gnädig sein‘ und hat solche Lieder den Leuten vorgesungen.“
Reinhard Ellsel